Dillenburger SPD stimmt mit CDU für mehr Schulden
Meine Damen und Herren,
neben dem Haushaltsplan für das Jahr 2012 liegen uns der Investitionsplan und das Haushaltskonsolidierungskonzept zur Beschlussfassung vor. Da diese die Ersten der neuen Wahlperiode sind, möchte ich die Gelegenheit ergreifen, Bilanz zu ziehen und einige grundsätzliche Punkte anzusprechen.
Die Kommunalwahlen des Jahres 2011 waren für uns Grüne äußerst erfolgreich. Fünf Stadtverordnete und in der Folge zwei Magistratsposten, wer hätte dies noch vor wenigen Jahren in Dillenburg für möglich gehalten.
Neue Mehrheiten wären möglich
Und welche Möglichkeiten haben sich daraus für eine neue Politik in Dillenburg ergeben! Nach Jahren der absoluten CDU-Mehrheit waren neue Mehrheiten möglich. Endlich schien es erreichbar, die Politik wieder aus den Hinterzimmern zurück ins Parlament zu führen und zeitgemäße Inhalte zu diskutieren. Wir Grünen haben diesen Auftrag der Wähler – es stand ja in fast allen Wahlprogrammen, die Mehrheiten zu ändern – ernst genommen und engagiert mit SPD und FDP Gespräche aufgenommen.
Es war klar, dass es nicht einfach werden würde. Gerade den politischen Neulingen der FDP mussten einige Spielregeln und Möglichkeiten erst nahe gebracht werden. Doch erfreulicherweise war schnell zu spüren, dass Spielräume vorhanden waren, die beiden Dillenburger FDP-Parlamentarier nicht öde bundespolitischen Leitlinien schwarz-gelber Gefolgschaft nacheifern wollten, sondern die dringende Notwendigkeit der Neuausrichtung Dillenburger Politik erkannt haben.
Sicher, bis zum Ziel war es noch ein gehöriges Stück Arbeit. Es stand noch nicht fest, dass alles klappen würde. Dazu hätte es noch intensiver Gespräche und entsprechendes Engagement bedurft. Die Vertreterinnen und Vertreter der SPD aber fühlten sich bei unseren Treffen wohl eher als Gäste oder Zuhörer, substanzielle Beiträge blieben jedenfalls aus.
SPD verhindert neue Politik in Dillenburg
Das Ergebnis ist bekannt. Die neue große Koalition hat den von vielen Wählern gewünschten Neuanfang in Dillenburg verhindert. Die Pfründe sind verteilt. – Und die SPD hat ihre Quittung bekommen. Süffisant erklärt die CDU in der Presse, sie habe alle wichtigen Posten besetzen können. Sachfragen waren wohl nicht Diskussionspunkt.
Aber halt – wir müssen ehrlich sein – die SPD durfte ja die Energiewende in Dillenburg einläuten mit dem Antrag über Windenergie in Frohnhausen — wenn man mal davon absieht, dass dieses Gebiet bereits Vorrangfläche für Windenergie war und somit diese Nutzung dort feststand. Vielleicht ist der SPD ja auch aufgefallen, wie schnell der Vertragsentwurf für den Windpark auf einmal auf dem Tisch lag. Glauben Sie wirklich, dass sei nach Ihren Verhandlungen ausgehandelt worden?
Natürlich haben auch wir mit der CDU gesprochen. Auch uns wurden Pöstchen angeboten. Auch uns wurde die Windenergienutzung in Frohnhausen versprochen. Wir wollten aber wirkliche Inhalte, wirkliche Veränderungen. Z. B. bei der Haushaltskonsolidierung, z. B. bei der Nutzung erneuerbaren Energien und bei Energieeinsparungen. Wir haben einen Preis gefordert. Wie es aber so häufig in unserer Gesellschaft ist, wenn man es umgehen kann und ein Billiganbieter bereitsteht, wird der wahre Preis nicht gezahlt. Zum Schaden späterer Zeiten, folgender Generationen.
Grüne Politik auf Erfolgskurs
Für den anfangs genannten grünen Erfolg bei der Kommunalwahl glauben wir, dass folgende wichtige Gründe dies hauptsächlich bewirkt haben:
Zuerst sicherlich die allgemeine politische Lage. Immer mehr Menschen erkennen, dass die Themen, für die die Grünen wie kein anderer stehen – Umweltschutz mit Klimaschutz, soziale Sicherung, Zukunftssicherung -, für die Zukunft und damit für die politische Entscheidung z. B. bei Wahlen von übergeordneter Bedeutung sind.
Der zweite Grund – und dieses Selbstbewusstsein möge man uns verzeihen – ist die ordentliche Arbeit, die die grüne Fraktion zusammen mit dem Stadtverband geleistet hat. Die Dillenburgerinnen und Dillenburger haben erleben können, dass wir unsere Prinzipien ernst nehmen und, wenn es sein muss, auch unangenehme Wahrheiten ansprechen.
Und gerade dieser Grund gehört in eine Haushaltsrede, denn die Folgen, dass man auf unsere Warnungen nicht gehört hat, spiegeln sich deutlich im vorgelegten Haushalt. Es ist eben nicht nur die Finanzkrise, die Dillenburg in seine aktuelle Lage versetzt hat, sondern auch Entscheidungen dieses Parlamentes mit weit reichenden finanziellen Folgen.
Meine Damen und Herren, damit muss endlich Schluss sein. Bei der seit Jahren praktizierten Ausgaben- und Schuldenpolitik hilft auch das ewige Gejammer über fehlende Unterstützung von Bund und Land nicht weiter. Wir müssen trotz und wegen auch der Umstände, die von außen auf die Stadt einwirken, im Sinne einer verantwortlichen Haushaltspolitik angemessen auf die Situation reagieren. Doch dies wird seit Jahren insbesondere von Seiten der CDU-Fraktion ignoriert. Die Schuldenpolitik wird fortgeführt, blind und zu Lasten kommender Generationen.
Lotz: Augen zu und durch
Ich jedenfalls erinnere mich noch gut daran, dass Bürgermeister Lotz vor der Entscheidung, auch das
Schwimmbad in Oberscheld zu renovieren, durchaus richtig die Finanzsituation der Stadt
Dillenburg aufgezeigt hat, nämlich: wir können es uns nicht leisten. Sein unverantwortliches Fazit war damals: Wir schaffen das schon irgendwie. Eine Antwort auf das Wie gab er damals nicht und steht bis heute aus.
Richtig ist aber auch, dass er sich auf die Beschlusslage der Stadtverordnetenversammlung zurückziehen kann. Denn nicht der Bürgermeister entscheidet, sondern die STVV, jeder einzelne von Ihnen, von uns, bei jeder einzelnen Entscheidung. Und wer entscheidet, der trägt auch Verantwortung. Und niemand kann sich darauf zurückziehen, die Vordenker der Partei hätten es so gewollt.
Mancher mag sagen, es seien ja Kosten reduziert worden beim Bau des Oberschelder Schwimmbades. Der Förderverein war aktiv und ist es auch heute noch. Durchaus richtig. Trotzdem belastet dieses Bad den städtischen Haushalt jedes Jahr.
Unangenehme Wahrheiten gehören dazu
Und es gehört zur Ehrlichkeit in der Kommunalpolitik in Zeiten der Wirtschaftskrise und der für viele Jahre deutlich begrenzten Finanzmittel, den Bürgerinnen und Bürgern dann auch unangenehme Wahrheiten mitzuteilen. Nämlich, das Interesse vieler ist vor die Wünsche einiger zu stellen und gerade da, wo die Infrastruktur der Umgebung die Versorgung gewährleistet – und dies war bei den Schwimmbädern gegeben – müssen Strukturen, die eben nicht mehr zu bezahlen sind, aufgelockert werden.
Und so wie die Entscheidung damals Folgen hat, so hatten und haben weitere Entscheidungen dieser Art Folgen, z. B., und immer wieder von uns Grünen angesprochen, das DGH Donsbach. Über 3 Mio werden dafür ausgegeben, ein Teil belastet auch diesen Haushalt – die Kreditaufnahme führt sofort jährlich zu erhöhten Zinszahlungen.
In diesem Fall kommt noch hinzu, dass von den Befürwortern des DGH 750.000 , als Spenden für eine Kindertagesstätte eingegangen, über eine sogenannte Rücklage aus dem Sozialbereich zweckentfremdet dem DGH zugeschoben werden. Gleichzeitig verkündet die SPD in ihrem Wahlprogramm, kostenlose Kindertagesstättenplätze anzustreben. Die CDU versteckt sich hinter der unglaublichen Aussage ihres Fraktionsvorsitzenden Helmke, die Treffen und Feiern der Menschen im DGH seien doch auch Soziales.
Nein, meine Damen und Herren, so geht es nicht! So werden die Wähler nicht ernst genommen. Wir, Bündnis90/Die Grünen, werden weiterhin dagegen eine Alternative anbieten und Klartext reden.
Wir Bündnisgrüne sagen daher klar und deutlich: Wir müssen in diesem zukunftsträchtigen Bereich die Gelder zusammenhalten. Wir sind froh, wenn zusätzliches Geld über Spenden hereinkommt und wir brauchen noch viel Geld, um den gesetzlichen Ansprüchen gerecht zu werden.
Es ist nicht so, dass wir behaupten, Dillenburg sei in diesem Bereich gänzlich untätig, einige Beschlusse der StVV haben wir mitgetragen, wie den Neubau der Kita in Frohnhausen. Aber Fakt ist ebenso, es fehlen noch Krippenplätze. Daran ist zu arbeiten, jeder Euro wird gebraucht, um die in den Kindertagesstätten geleistete wichtige Arbeit zur Verbesserung der Bildungschancen und der Integration zu unterstützen und zu optimieren.
Mehrheitsfraktionen weigern sich, alte Zöpfe abzuschneiden
Mit der Stadthalle Dillenburg deutet sich schön das nächste Fiasko an. Ein Architektenwettbewerb soll beschlossen werden, in dessen Folge wieder viele Millionen auszugeben wären. Die Diskussion, wie eine zukünftige, optimierte Struktur für Dillenburg und die Ortsteile aussehen könnte – von uns beantragt – wird abgelehnt. Augen zu und durch, mit all den Folgen, die wir im Großen zurzeit in Griechenland vorgeführt bekommen.
Dieses Vorgehen erschien aber selbst den Erstellern des Investitionsplans so abstrus, dass die Stadthalle dort gar nicht auftaucht. Auf Nachfrage bekommen wir gesagt, es sei ja noch nichts beschlossen. Maßnahmen der Dorferneuerung in Nanzenbach erscheinen aber im Plan, obwohl ebenso wenig beschlossen.
Die prognostizierten gut 200.000 Schuldenrückzahlung für das Jahr 2014 kann man so wohl der Wahlpropaganda der CDU zuschreiben.
Rettungsschirm als Legitimation für soziale Grausamkeiten?
Seit einigen Wochen taucht nun als angeblicher Retter der kommunale Rettungsschirm auf. Die Konditionen sind noch nicht einmal bekannt, schon wird hingeschielt. Im übrigen, wie man hört, als eine von nur zwei Kommunen im LDK.
Dies ist einer Insolvenzerklärung gleichzusetzen, ein ‚Insolvenzverfahren’ für die Stadt Dillenburg und die politische Kapitulation der Dillenburger CDU unter ihrem Bürgermeister Lotz.
Aber, Geschenke werden im Rettungsschirm mit Sicherheit nicht verteilt. Es wird Voraussetzungen geben, die Einschnitte erfordern. Und wenn die kleinen Leute, die die Zeche zu zahlen haben, sich beschweren wollen, werden die, die momentan in der Sonne huldvoll gewährter Geschenke glänzen wollen – schnell in den Schatten des Rettungsschirmes gesprungen – behaupten: „ Wir würden ja gerne anders, wir können nichts dafür.“
Falsch, meine Damen und Herren, es geht anders und Bündins90/Die Grünen haben es Ihnen am konkreten Beispiel immer wieder aufgezeigt.
Seit Jahren warnen die Grünen davor, die städtische Haushaltslage durch Investitionen in stets neue Prestigeobjekte zu verschärfen. Seit Jahren warnen die Grünen davor, dass die Stadt Dillenburg weit über ihre Verhältnisse lebt. Alle Warnungen und Bedenken der Grünen mit Blick auf eine ungezügelte und einseitige Finanzpolitik, die sich mit jedem HH verschärft, wie man HH 2012 erneut sieht, werden und wurden in den Wind geschlagen. Es ist natürlich immer verlockend Geld für eigene politische Interessen und Prestigeobjekte auszugeben, erst Recht und immer auch gerne dann, wenn man sich mal wieder auf einen Bürgermeisterwahlkampf vorbereitet…
Meine Ausführungen werden es Ihnen deutlich gemacht haben, Bündnis90/Die Grünen lehnen den vorgelegten Haushalt ab. Er enthält nicht die für das Jahr 2012 dringend nötigen Weichenstellungen.
Dies wird auch daran deutlich, dass unser Haushaltsantrag, im Gebäudemanagement in den nächsten Jahren Energie einzusparen, abgelehnt wurde. Für die nötigen Maßnahmen ist bei der sonstigen Ausgabementalität kein Geld mehr übrig. Energieeinsparung und damit Reduktion des CO2 – Ausstoßes aber ist eine wichtige Zukunftsaufgabe! Auch vor Ort, vor der eigenen Haustür.
Nicht zuletzt wird Zukunft auch im Jugendhaus gestaltet. Die dort geleistete wichtige und von den Jugendlichen gut angenommene Arbeit muss fortgesetzt werden. Voraussetzung ist für uns, dass die Öffnungszeiten erhalten bleiben. Die vorhandene dritte Stelle muss besetzt werden. Auch dies wird sich, zusammen mit den vorabdotierten Zuschüssen an sozial tätige Vereine, in der Zukunft bezahlt machen.
Für das kommende Jahr möchte ich allen Kolleginnen und Kollegen dieses Hauses gute, ich möchte sagen bessere Beschlüsse wünschen und Ihnen persönlich alles Gute.
Ich wünsche dies auch allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadt Dillenburg und hoffe, dass wir gemeinsam im nächsten Jahr an und mit einer besseren Politik arbeiten können.
Vielen Dank.